Tonne 17

Bellariva

Im Winter 2016 haben wir den Fahrtensegelkatamaran BELLARIVA erworben, eine Privilège 465 aus dem Jahr 2004.

Mit der richtigen Segelgarderobe (Groß, Genua, drei Focks für das innere Vorstag, Parasailor und Code-Zero) hat sie recht gute Segeleigenschaften auf allen Kursen, wenn sie auch definitiv keine Regatta-Ziege ist. Dank eines geringen Gewichts und des Umstandes, dass man sich seinerzeit noch traute, “satt zu übertakeln” (135 qm Segelfläche bei 12to realem Abreisegewicht) -man könnte auch sagen: Dank einer hohen Segeltragzahl- sind die Leichtwind-Eigenschaften wirklich akzeptabel – und das ist auf lange Sicht verdammt wichtig, leider.

Die Privilège ist robust ausgeführt; die Hersteller hatten, lange bevor das Massengeschäft mit “billigen” Schiffen für den Chartermarkt erfunden war, den klassischen Langfahrtsegeler im Sinn, der gut und gerne 4 oder 5 Jahre nicht wieder nach Hause zurückkehrt. Und sich diesen Spaß auch leisten kann. Alle Beschläge, alle Alles ist eine Nummer zu groß ausgelegt. Von der Ankerkette über Lümmelbeschlag, Klampen, jegliche Beschläge, Fallenstopper, Baum usw.  bis zur den Winschen. Püttings, Wanten, Mast – alles stehende Gut hat 25 Jahre Garantie.

49 Fuß (14.95 m) lang, 7.3 m breit, 4 Kabinen und Bäder (drei mit elektrischen WCs), großer Salon mit Pantry, ein Cockpit, in dem 8-10 Leute am Tisch tafeln können, und noch immer ausreichend Platz bleibt, damit Grillmeister und Rudergänger gleichzeitig aufspringen und zu ihren Einsatzorten eilen können, ohne dabei den Mann mit dem Cocktail-Nachschub umzurennen: Je nach Grad der Vor-Verwöhnung ist das mäßig, viel oder irrsinnig viel Platz. Ein Watermaker erzeugt 160-180 Liter Trinkwasser pro Stunde, ein 9KW-Generator liefert dafür, genauso wie für die Waschmaschine, den erforderlichen Strom. Eine leistungsfähige Solaranlage tut ihr übriges, um 600 Ah Lipo4Fe-Akkus zu laden. Fast Alles von Relevanz ist rendundant vorhanden, nicht nur die Rümpfe. Geber-, netzwerk- und navigationstechnisch sowie im Hinblick auf die Kommunikationsmöglichkeiten haben wir es an nur Wenigem fehlen lassen. Drei Kühlschränke, große Fäkalientanks, viel Stauraum usw. lassen echte wochenlange Autonomie und ausgedehnte Aufenthalte in Ankerbuchten zu. Brot backen sollte man allerdings können. 700 Liter Diesel plus 300 Liter in 15 Kanistern bei Bedarf ergeben eine Gesamtreichweite von rund 1000 Meilen, wenn es nicht fett gegenan geht. 

Die Gangway-Konstruktion, ein Detail, ist ein echtes, tolles Unikum, das unser Vorbesitzer “erfunden” hat – eigentlich simpel; erforderlich sind allerdings ausgedehnte, flache Heckspiegel. Die auch das Lebensgefühl vor allem vor Anker, aber auch unterwegs, maßgeblich positiv beeinflussen.

An diesem Bootstyp ist in vielen Details wirklich mitgedacht worden. Von den Möglichkeiten, unter allen Bedingungen Halt zu finden, der Leinenführung, der Anordnung der Winschen, Beschläge und Bedienelemente bis zur Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Raumes. Auch noch nach 5 Jahren des Segelns auf ihr entdecke ich immer noch Dinge, die wahrscheinlich kein Zufall sind, und das Segeln und Leben mit und auf dem Schiff sehr optimieren. Manchmal sind das auch nur Winzigkeiten. Wahrscheinlich behauptet das jeder Schiffseigner von seinem Schiff, aber ich habe beim neugierigen Schlendern durch die Häfen auch schon so viel Bockmist und Fragwürdiges gesehen… es haben dann eben nicht alle Recht, die das denken 🙂 

Moderne Fahrtenkats, optisch eher Garagen auf dem Wasser, werden definitiv ihre eigenen Vorzüge besitzen, und die nicht nur für den typischen kurzfristigen Leichtwind-Einsatz im sommerlichen Charterbetrieb. Und auf jeden Fall hat sich bei der Berechnung der idealen Rumpfform einiges getan – die Kisten sind häufig zumindest ab mäßigem Wind aufwärts einfach schneller. Und sie nutzen den Platz sicherlich maximaler aus, wenn auch (meine sehr eigene Meinung) zulasten der Eleganz und des Wohngefühls, das dort eher in weiß-grau-kubistisch und weniger schiffig daherkommt. Wobei wir uns wirklich fragen, was man noch alles verstauen möchte… wenn man die mühelos untergebrachte Komplettheit unserer Ausrüstung bedenkt, mit der man sofort auf Jahre losleben könnte. Einschließlich z.B. zweier Falträder, sehr viel Werkzeugs, einer Waschmaschine, Drohne, Drucker, Tauchausrüstung und eines Thermomixes. Wir erleben  erstaunlich häufig in Häfen eine gewisse Aufmerksamkeit des Publikums – ob das nun der Optik (das kann gut oder schlecht sein:), oder dem Umstand geschuldet ist, dass die Privilège einfach ein Klassiker ist, wissen wir nicht. Vielleicht liegt es ja auch einfach an unserem merkwürdigen Verhalten…? Wir haben uns noch nicht zu fragen getraut. 

In der kommenden Zeit werden wir die Solar-Kapazität noch von aktuell rund 4 KhW je Sommertag im Mittelmeer auf ca. 10 KwH erhöhen (mittels Vollauszügen wird man die Fläche der Zellen unterwegs in Leichtwindbedingungen und vor Anker resp. im Hafen verdoppeln können, und zusätzlich werden ungenutzte Flächen auf dem Bimini herangezogen). Dann wird der 1,8 KW-Inverter durch zwei 5KW-Geräte ersetzt, die Akku-Kapa auf 1000 Ah aufgestockt. Auf diese Weise kann der Diesel-Generator rausfliegen, und der Watermaker sowie Waschmaschine direkt von der Batterie aus betrieben werden. Im Falle eines Strom-Defizits stehen dann ja 2 x 110 Ampere-Lichtmaschinen auf den Antriebs-Dieseln zur Verfügung. Unterm Strich: Weniger Gewicht, weniger Dieselverbrauch, mehr Ruhe. Eine Umrüstung auf echte Elektro-Antriebe plus Generatoren (würde den Dieselverbrauch halbieren!! und damit eine Reichweite von fast 2000 Meilen ergeben 🙂 ) schlüge aktuell mit rund 70.000,- EUR zu Buche und ist damit leider vollkommen indiskutabel…

2020 / Sommer
Julia

Schiffsrundgang-Video out!

Gleich nach Antritt unserer Reise haben Julia, Lasse und Jakob auf vielfachen Wunsch hin ein Schiffsrundang-Video erstellt. Das ging dann irgendwie verschütt, dann haben wir beschlossen, KEIN Bewegtbildmaterial im Blog zu verwenden…. und nun, am vorzeitigen Ende unserer Reise, tataaaa – hier ist es.

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